Tanzreform: die Anfänge des modernen Tanzes in München

2022 wurde die „Praxis des Modernen Tanzes in Deutschland“ in die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit der UNESCO aufgenommen. München war Anfang des 20. Jahrhunderts eine bedeutende Geburtsstätte dieses neuen „freien Tanzes“, hier entwickelte sich seine erste freie Szene. Die US-amerikanische Tänzerin Isadora Duncan startete 1902 im Künstlerhaus ihre erfolgreiche Deutschlandtournee; die Münchnerin Clotilde von Derp tanzte 1910 „den Stil einer neuen Zeit“ – ganz ohne historische Themen und Kostüme – ab 1913 im Verbund mit dem ersten modernen Tänzer Alexander Sacharoff.

Interessanterweise wurde einerseits an vorhandene Vorstellungen angeknüpft und bildeten sich andererseits Allianzen mit Vorkämpferinnen und Vorkämpfern der künstlerischen Avantgarde. Tanzwissenschaftlerin Claudia Jeschke und Thomas Betz von Munich Dance Histories widmen sich den revolutionären Körperbildern und individuellen Bewegungsformen der modernen Tänzerinnen und Tänzern und diskutieren sie im Kontext der Lebens- und Kunstreformen der Zeit. 

Moderation: Dorothea Volz

Claudia Jeschke hatte als Tanzwissenschaftlerin akademische Positionen in München, Leipzig, Köln, Salzburg inne und arbeitete als Gastprofessorin an europäischen, nord- und südamerikanischen wie asiatischen Universitäten. Zudem ist sie an den interaktiven Schnittstellen von Tanzgeschichte, Tanztheorie und Tanzpraxis tätig – als Dramaturgin, Choreografin, reconstructor, Ausstellungsmacherin. In ihren zahlreichen Publikationen beleuchtet sie Tanzgeschichten und Tanzkulturen vor allem unter bewegungsanalytischen und praxisorientierten Gesichtspunkten.

Thomas Betz arbeitete nach dem Studium der Germanistik und Kunstgeschichte an der LMU München freiberuflich als Lektor, Autor und Kurator. Redakteur der Fachzeitschrift »tanzjournal« und der Kulturzeitung »Münchner Feuilleton«. Publikationen u. a. zu Paul Wühr und Grete Wiesenthal, zur Tanzfotografie und zu Raimund Hoghe. Konzeption der »DANCE History Tour« (gemeinsam mit Brygida Ochaim) sowie der Archiv- und Vermittlungsplattform »Munich Dance Histories« (gemeinsam mit Brygida Ochaim und Barbara Galli-Jescheck).